Nach vielen Monaten Vorbereitung und vielen Kilometern in den Beinen war es soweit, und ich durfte gesund und voller Vorfreude am 15.09.2023 um 14:10 Uhr endlich loslaufen. Wie immer gab es eine Gruppe, die vorneweg stürmte, und das Mittelfeld und ich war irgendwie dazwischen. Aber da war auf einmal Rasmus, und wir fingen an zu quatschen und stellten fest, dass wir ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Da wusste ich noch nicht, dass wir die nächsten 12:38:00 gemeinsam laufen würden und uns gegenseitig Lebensgeschichten erzählen und viel diskutieren würden, während die Zeit verstrich. Wir hatten den gleichen Rhythmus, ohne dass wir uns gegenseitig hetzten. Wir feierten die kleinen Etappen, die wir uns setzten, oder liefen stundenlang wortlos nebeneinander her.
Mir ging es blendend, ich hatte super Laune und merkte, wie die Kilometer vorbei zogen. Es gab sehr laufbare Abschnitte, abwechselnd mit den wurzeligen und steinigen Trails, die ich aus Schweden kannte und auf die ich mich freute. Bis kurz vor Kilometer 72 war alles echt spitze. Natürlich waren die Beine etwas schwer, aber sonst war alles in Ordnung. Mein Kopf hatte keine Einwände. Hier fing jedoch ein kleines Stechen unter dem rechten Fuß an. Ich sah kein Problem darin und wechselte den Schuh, die Socken und schmierte Vaseline darauf. Auch konnte ich keine Blase sehen und dachte, es wäre nur ein wenig Dreck gewesen. Bis Kilometer 85 war auch alles gut, dann wurde es aber schnell schmerzhaft. Vorsicht, hier zeigen sich manchmal die unschönen Seiten des Ultralaufens. Bei etwa Kilometer 92 merkte ich, wie sich aufgrund einer Blase und deren Dicke massive Hautschichten lösten. Ich stoppte und sah eine riesige Blutblase, die sich durch den Druck und die Belastung bei jedem Schritt immer weiter ausbreitete. Ich entschied mich, sie aufzustechen, um das Wasser abzulassen. Dummerweise riss sie ein paar Meter später ein, und ich konnte kaum auftreten. Nach einer weiteren Inspektion war klar, dass ich mit dieser Blase keine weiteren 10 Stunden laufen konnte. Ich wollte nicht durch eine Fehlbelastung, die der Körper automatisch machen würde, andere Probleme bekommen, mit denen ich im Nachhinein hartnäckig zu kämpfen hätte. Ein kurzer Anruf bei meinem Lieblingsmenschen, und sie holte mich nachts um 3:00 Uhr an einer Straße in Schweden ab. Unendlich dankbar, dass du in meinem Leben bist.
Jetzt könnte man denken, ich bin traurig oder enttäuscht darüber, aber irgendwie bin ich auch glücklich, wie gut alles davor lief. Ich hatte noch bei keinem Lauf Probleme mit so einer Blase und sehe es eher als technischen Defekt. Jetzt muss die Wunde heilen, und ich nutze die Zeit, um mein nächstes Abenteuer zu planen, denn ich habe mega Lust darauf, was mich als nächstes erwartet.
Strecke:
Einfach toll. Sie ist sehr abwechslungsreich. Es gibt sehr rollende Passagen, auf Schotterwegen oder auch schönen kleinen Waldwegen. Dann hast du wurzlige Singletrails mit Wellen, die aber laufbar sind. Gefolgt von sehr technischen Wegen, die ich eher gegangen bin, um Kraft zu sparen und ein paar Rampen. Wir liefen über Felsen und haben traumhafte Ausblicke genießen dürfen. Perfekte Strecke für einen ersten 100-Miler.
Organisation:
Billy und sein Team haben ein tolles Event organisiert. Du hast tolle Aid-Stationen mit viel Essen und Kaffee, aber es stehen auch hin und wieder einfach ein paar Wasserkanister im Wald. Sie organisieren einen Bus, um vom Ziel zum Start zu kommen, und auf dem Campingplatz am Ziel ist eine tolle Atmosphäre. Hier enden auch die anderen Distanzen, und so laufen am gesamten Samstag die Läufer ins Ziel.
Fueling:
Meine Strategie war es, alle 2 Stunden ein RabbitFuel zu essen. Das habe ich auch bis zum DNF durchgezogen. Das habe ich mit Bananen und vereinzelt mit ein paar Gels kombiniert, sodass ich pro Stunde etwas mehr als 150 kcal gegessen habe. Ich hatte zu keiner Zeit Probleme mit dem Magen oder ein Hungergefühl, das bei mir schnell zu schlechter Laune führt. An den Aid-Stationen gab es Kaffee und das Highlight - vegane Schokomilch von Oatly (die hatte ich mir aber selbst organisiert). Trotz der sehr milden Temperaturen habe ich etwa 800 ml Elektrolyte und Wasser zu mir genommen.Mental:
Ich hatte einfach gute Laune und viel Lust auf dieses Abenteuer. Ich hatte in den 12 Stunden keinen einzigen Tiefpunkt und machte einfach Party. Ich ließ mich von den langsamen Passagen nicht frustrieren. Freute mich jedesmal, wenn ich einen Kuss von Jette bekommen konnte, und bedankte mich bei den Helfern, dass sie die Aid-Stationen mit Leben füllten.
Körperlich:
Außer meiner Blase ging es mir bestens. Ich hatte am nächsten Tag keinen Muskelkater oder schwere Beine, und mental wäre ich schon am Montag gerne wieder gelaufen. Ich muss aber auch sagen, dass ich in den letzten 12 Monaten sehr konstant Kilometer gesammelt habe und in den letzten drei Monaten vor dem Lauf jeden Monat einen neuen Rekord an Distanz und Zeit aufgestellt habe. Ich bin mir sicher, dass ich damit den Lauf ins Ziel gebracht hätte.Highlights:
Meine gute Laune und dass ich nicht enttäuscht bin vom DNF. Es war wie ein platter Reifen, nur dass ich ihn nicht wechseln konnte. Definitiv auch die Zeit mit Rasmus und die Diskussionen mit ihm. Als drittes der Sonnenuntergang am höchsten Punkt der Strecke (86m über NN). Last but not least: Dankbar, dass mein Lieblingsmensch stundenlang auf mich wartet, um mir an den Aid-Stations kurz zu helfen und gut zuredet.Harte Fakten:
Distanz: 96,94 kmAuf- und Abstieg: +/- 1700 HM
Zeit: 12:38:00
Link: https://www.sormlands100.com/