Für den 11.02.2023 habe ich den Tarawera Ultramarathon (TUM) in mein Laufjahr eingeplant. Ich habe im Vorfeld viel schönes über den Lauf gelesen und gesehen. Da Jette und ich schon immer nach Neuseeland zum Urlaub wollten, sahen wir in der Kombination eine tolle Gelegenheit 😃. Die Vorbereitung in der Heimat war bei grauem Winterwetter und lief sehr gut. Am 04.02.2023 landeten wir schließlich in Auckland direkt nach dem ersten Zyklon und kurz vor dem Zweiten. Jetzt hatten wir eine Woche Zeit, um uns an die 12 Std. Zeitverschiebung sowie die Wärme bzw. Humidity zu gewöhnen.
Die Strecke und das Wetter:
Das Wetter war dieses Jahr ziemlich regnerisch in Neuseeland und damit extrem humid. Ansonsten ist der Sommer aber sehr wechselhaft gewesen und die Neuseeländer konnten nicht oft genug betonen, dass es einer der regnerischsten seit langem ist. Das Wetter ist ein wenig wie in Großbritannien, nur dass es im Schnitt 10 Grad wärmer ist und die Sonne eine viel höhere Intensität hat. Die heftigen Regenfälle sorgten dafür, dass etwa 5 Tage vor dem Lauf die Strecke verändert werden musste. Wir starten nicht in Kawerau sondern an Lake Okatano, was ca. 60 km vom originären Start entfernt ist und einen großen Teil der "originalen" Strecke auslässt, was ich sehr bedauere. Dafür durften wir jedoch einen anderen Teil entdecken und liefen die Strecke, auf der der 50K verläuft.
Auf dem ersten Teil der Strecke denkst du, dass du durch einen Dschungel läufst. Riesige Fahne, zwischen den Bäumen hängt ein dichtes Netz aus Lianen, die ein nahezu undurchdringliches Unterholz entstehen lassen. Entlang von schönen Seen und sich veränderter Vegetation stehst du plötzlich unter 115m hohen California Redwood Pines und fühlst dich ziemlich klein und bedeutungslos. In Rotorua läufst du dann zwischen vulkanischen Thermalquellen, die seit tausenden Jahren dampfen und einen dominierenden Schwefel Geruch verbreiten. Vielfältiger kann eine Strecke nicht sein. Aber dieser Teil war auch ohne Schatten und perfekt in der Mittagszeit, was den Kopf und den Körper zum Glühen bringen kann. Wieder aus Rotorua raus, tauchst du in dichte Wälder ein, bevor du auf den letzten Kilometern wieder im Redwood bist.
Das Wetter hat uns in die Karten gespielt und war am Tag des Laufs sehr warm und sonnig und durch den vielen Regen in den Vortagen sehr humid. Das ist zugegeben nicht mein präferiertes Wetter, aber alles ist besser als Regen. Nach der Hälfte war ich zugegeben extrem gut gegrillt. Ich musste daher langsamer machen und an jedem kleinen Hügel wurde Tempo rausgenommen, um Kräfte zu sparen, aber mein Mantra “Downhills and flats are made for running” ließ mich dennoch vorwärts kommen. Je tiefer wir wieder in den Wald kamen und die Sonne wieder anfing zu sinken, taten dies auch die Temperaturen und ich merkte, dass meine Kraft wieder kam.
Die Organisation:
Kann ich nur loben, insbesondere wenn du 5 Tage vor dem Start eines großen Events mit ca. 5.000 Teilnehmern die Strecke für ca. 1.600 Läufer ändern und diese dann alle mit Bussen zum Start bringen musst, haben Sie bewiesen, was sie können. Somit kann ich nur sagen, dass Sie spitze war. Die Aid-Satitons waren gut besetzt und trotzt viel mehr Läufern auf der gleichen Streck (100Meiler und 100K nutzten die Strecke auf der sonst nur die 50K und 21K laufen), gab es nie Probleme mit langen Wartezeiten. Die Stimmung der Helfer war super und Sie haben sehr auf dich geachtet. Es hat sich sehr familiär angefühlt. Mit Abstand die beste Aid-Station war die, die von den Boys-Scout mit Leben gefüllt wurde. Wenn dir übermotivierte Jugendliche quasi die Flaschen aus der Hand reißen und mit Begeisterung nachfüllen, vergisst du für diesen Moment, dass es dir nicht gut geht und du fängst innerlich an zu strahlen. Ich bin immer so dankbar für die Helfer bei diesen Events denn ohne Sie ist das nicht möglich.
Fueling:
Von Anfang an war mir klar, dass es bei den warmen Temperaturen sehr auf das Trinken ankommen wird. So achtete ich sehr darauf, dass ich viel trinke und immer genug Wasser und elektrolyte zwischen den Aid-Sations habe. Ich schätze, dass ich ca. 6 Liter Flüssigkeit zu mir genommen habe. Es ist aber immer eine Herausforderung, denn zu viel trinken ist auch nicht ideal.
Beim Essen setzte ich wieder auf meine herzhaften Pouches und hin und wieder ein Gel. Auch hier musste ich regelmäßig kleine Portionen essen, damit mein Magen nicht überfordert wird. Zwar kam es mir zwischenzeitlich vor, dass ich kontinuierlich am Essen bin, aber das lenkt auch ein wenig ab und vertreibt die Zeit. Ich hatte zum Glück keinerlei Probleme mit meinem Magen und habe auch genug gegessen, sodass mein Magen nicht knurrte und ich auch nicht in ein Tief gefallen bin. An einer Aid-Station gab es sogar Pizza, an der ich natürlich nicht daran vorbei laufen konnte.
Mental und Physisch:
Ich hatte richtig Lust auf diesen Lauf und somit war meine Laune gut. Es war mein Wille meinen zweiten 100km Lauf zu schaffen. Ich fand es toll, diese einzigartige Natur zu erleben mit der vielen Abwechslung, die sie zu bieten hatte. Ich war vorbereitet auf einen warmen Tag und habe meine Strategie im Vorfeld bedacht. Ich wusste genau, was ich bei welcher Aid-Station machen wollte und warum und habe es konsequent durchgezogen. Mein Plan war, die ersten 50K mit leicht angezogener Handbremse zu laufen. Danach musste ich noch 20 km die Füße still halten und dann schauen, was noch möglich ist. Die große Unbekannte war, wie matschig und nass die Strecke sein wird, aufgrund der massiven Regenfälle im Vorfeld. Mit jedem Kilometer in trockenen Schuhen wurde diese Ungewissheit kleiner und die Zuversicht, dass es keine Schlammschlacht wird, stieg. Am Ende waren die Wege sehr gut und die Sorgen unbegründet. Aber genau das ist es auch, was den Reiz an solchen Abenteuern ausmacht. Die erwartete “Wärme” ist eigentlich nicht mein Freund und ich sagte mir, dass du beim Laufen lernen willst, wie du damit umgehst und einen guten Tag haben willst. Ich versuchte es positiv zu sehen und mich davon nicht negativ beeinflussen zu lassen. Leider war ich aber nach 50KM ziemlich von der Hitze gebraten und die nächsten KM waren schwer erkämpft. Aber es half mir auch, dass ich mir sagte, dass ich um die halbe Welt geflogen bin und du deswegen nicht aufgeben kannst, nur weil du müde bist. Mit den fallenden Temperaturen wurde ich auch wieder immer stärker. Auf den letzten 20 km überholte ich sogar noch ein paar Läufer, die etwa zur Mitte fast 5-7 km vor mir waren. Das gab mir mental einen Schub und immer wenn mich ein 100 miler überholte, die unseren Loop zweimal laufen durften, war ich begeistert und sagte mir, dass ich das auch will.
Highlights:
Die Natur! Wir hatten “Dschungel”, den Redwood Pine Forest, in dem du dich so klein gefühlt hast, da die Bäume gigantisch hoch waren und vulkanische Pools, die nach Schwefel dufteten. Die tollen Aid-Stations, insbesondere die Boys-Scouts, die Menschen die in Kostümen anfeuerten, die Mitläufer die mit dir spannende Erlebnis teilten und natürlich der Einlauf, wenn du realisierst, dass du es geschafft hast und du einfach nur glücklich bist und du fast die Zeit erreicht, die du dir erträumt hattest. Die Vorfreude meine Lieblingsmensch beim Einlaufen sehen zu können. Ein anderes Highlight für mich war aber auch, wie gut mein Körper und Geist die Anstrengung verarbeitet haben und ich mich relativ schnell wieder fit gefühlt habe und keine Überlastungen hatte.
Harte Fakten:
- Distanz: 102,8km
- Aid-Station Village Green : 10 Minuten für Wechsel meiner Schuhe und Klamotten, Sonnencreme und nachfüllen meines Essen. (KM 46)
- Gesamtzeit: 12:15:07 Std.
- Pace: 7,08 min/km
- Elevation: +2240m / -2270m