120 g Kohlenhydrate pro Stunde für maximale Performance - was ist dran an dieser Aussage?
Einige Hersteller und Athleten propagieren derzeit, dass du im Ausdauersport genau so viel aufnehmen kannst und solltest, um Höchstleistungen zu absolvieren. Doch was sagt eigentlich die Wissenschaft dazu?
Wie viel Kohlenhydrate sollte ich beim Sport zu mir nehmen?
Dein Dünndarm hat ein System zur Verarbeitung von Glukose (Traubenzucker) und ein System für Fruktose (Fruchtzucker). Nimmst du beide Zucker gleichzeitig auf, kannst du maximal 1,5 - 1,7 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht und Stunde verarbeiten. Diese Systeme sind abhängig von Salz und darüber sprechen wir später.
Folgendes Beispiel:
Eine 60 kg schwere Person hat somit eine wahrscheinliche maximale Aufnahmekapazität von 90-102 g Kohlenhydraten pro Stunde. Wenn du nur reine Glukose aufnimmst, verringert sich das Ganze auf eine Aufnahmekapazität von 1 - 1,2 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht und damit etwa 60-72 g pro Stunde. Das ist vor allem wichtig für Menschen mit einer Fruktose-Unverträglichkeit.
Die Angabe bzgl. Körpergewicht bezieht sich meist auf einen durchschnittlichen Körperbau. Ein Bodybuilder wird nicht mehr Zucker verarbeiten können, nur weil er viel Muskelmasse hat, denn das ausschlaggebende Organ, der Dünndarm, wächst nicht mit steigender Muskelmasse.
Fazit:
Diese Rechnung verdeutlicht, dass wissenschaftlich gesehen diese Werbeaussagen a la “je mehr, desto besser” oft irreführend sind. Genau genommen wirst du sehr wahrscheinlich bei zu viel Kohlenhydraten, die du in Form von Zucker zu dir nimmst, Probleme mit deinem Magen bekommen, da der bei zu viel einfach streikt.
Du bist Ultra-Läufer? Dann möchten wir dich auf Folgendes hinweisen:
Der ISSN-Ernährungsleitfaden (International Society of Sports Nutrition) für Ultra-Marathonläufer empfiehlt ein realistisches Ziel von 30-50 g Kohlenhydraten pro Stunde während des Laufs. Das wäre z.B. 1 Gel mit ca. 30 g in Kombination mit herzhaften Nahrungsmitteln wie unseren Veggie-Pürees. Das verhindert zum einen, dass du nach 4 Stunden schon keine Lust mehr auf süße Gels hast und zum anderen liefert es dir kontinuierliche Energie und vermeidet Zucker-Peaks.
Wenn dein Körper darauf gut anspringt, kannst du versuchen, die Menge langsam zu steigern. Schaffst du es dann, sogar 60 g Kohlenhydrate pro Stunde aufzunehmen, bist du sehr gut dabei. Wenn du um den ersten Platz kämpfen und richtig ans Limit gehen willst, solltest du trainieren, wie du noch mehr Kohlenhydrate aufnehmen kannst, denn die höhere Intensität verlangt auch mehr Kohlenhydrate. Aber immer die körperliche Grenze im Hinterkopf behalten bitte - denn zu viel kann ins Gegenteil umschlagen und der Lauf ist schneller vorbei für dich, als geplant.
Tipp fürs Training:
Stell dir vor, du läufst absichtlich mit vollem Bauch los und übertreibst die Mengen an Kohlenhydraten im Training. Klingt das nicht verlockend? Glaube mir, damit bist du in bester Gesellschaft. In einem Interview habe ich gehört, dass ein Profi im Training absichtlich zu viel isst, damit sein Darm im Rennen mit einer geringeren Menge besser klarkommt.Elektrolyte und Flüssigkeit: Wichtig für die Leistungsfähigkeit und Verdauung
Wusstest du, dass wir beim Sport im Schnitt 800 ml Schweiß pro Stunde verlieren und dass bei mehr als 2% Flüssigkeitsverlust im Verhältnis zu deinem Körpergewicht schon die ersten Symptome von Dehydration auftreten könnten?
Die Bandbreite beim Flüssigkeitsverlust schwankt in der Regel von 0,4-1,8 l pro Stunde. Deswegen empfiehlt die ISSN (International Society of Sports Nutrition) 450-750 ml pro Stunde bzw. 150-250 ml Flüssigkeit alle 20 Minuten zu trinken. Für Menschen, die jedoch besonders stark schwitzen, kann selbst das noch zu gering sein. Weiter wird empfohlen, dass die Flüssigkeit insbesondere bei heißem Wetter 500-700 mg/l Natrium enthält, da Natrium den Flüssigkeitshaushalt reguliert. Das entspricht ca. 1000-2000 mg Kochsalz (= Natriumchlorid), was Natrium enthält und im Körper aufgespalten wird.
Was bedeutet das für dein Training?
Pauschale Aussagen können gefährlich sein. Denn sowohl zu wenig, als auch zu viel trinken kann problematisch sein. Damit du weißt, wie viel Flüssigkeit du verlierst, gibt es einen sehr einfachen Test. Wiege dich einfach vor und nach einer ca. einstündigen Aktivität nackt. Wenn du währenddessen nichts trinkst, kannst du so deinen Flüssigkeitsverlust pro Stunde per Dreisatz berechnen. Wiederhole das an Tagen mit unterschiedlichen Wetterbedingungen, damit du deine Spannbreite besser kennst. Hast du das bestimmt, trinke nicht unbedingt mehr als diese Menge in einer Stunde.
Leider lässt sich der Natriumverlust nicht so einfach messen, wie der Flüssigkeitsverlust. Das kannst du nur beim Arzt oder in einem Labor ermitteln lassen. Daher die Empfehlung, mit einer kleinen Prise Elektrolyte zu starten, am besten in Form einer Kapsel. So kannst du sehr genau steuern, wie viel Natrium du aufnimmst. Die Menge an Natriumchlorid sollte jedoch generell nie mehr als 900 mg pro Liter sein. Das entspricht der bekannten Kochsalzlösung, die wir in der Medizin einsetzen und die der Körper gut verarbeiten kann. Kommst du mit weniger zurecht, ist das spitze. Also fang am besten mit geringen Mengen an und steigere dich nur, wenn du immer noch merkst, dass du verkrampfst, dir übel oder schwindelig ist.
Und jetzt schließt sich der Kreis:
Damit wir aus der Nahrung Energie in unsere Körperzellen bekommen (vorheriger Newsletter), um Energie zu produzieren, benötigst du auch Salz. Manche Magenprobleme sind darauf zurückzuführen, dass du zu wenig Salz hast, um die Nahrung zu verdauen. Den Natrium benötigst du, um die Energie in die Zellen zu übertragen.
Also, trainiere deine Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme inkl. Elektrolyte genauso wie deine Muskeln und du wirst mehr Spaß und Erfolg im Sport haben.
Quellen